Historischer Hintergrund

 Das Jahr der «Mordnacht von Zürich», 1350, befindet sich in der Epoche des Spätmittelalters. Es war die Zeit der aufkommenden Städte, des Handwerks und Handels, die sich in Zünften organisierten. Das Rittertum und der Landadel verloren an Einfluss. Zürich war als Reichstadt direkt dem Kaiser des «Heiligen römischen Reiches» unterstellt und befand sich im ehemaligen Herzogtum Schwaben.

Die Jahre zuvor wütete die Pest in Europa (1348-1349) und eliminierte fast die Hälfte der Bevölkerung. Es herrschte Not im Land. Der deutsche Kaiser Ludwig IV lag im Streit mit dem französischen Papst Clemens VI, der seinen Sitz in Avignon – nicht Rom – hatte. Papst Clemens verweigerte Ludwig die Kaiserkrönung und verfluchte ihn mit dem Kirchenbann (fast wöchentlich), was zu einer tiefen Spaltung im Reich führte. Dem Nachfolgekaiser Karl IV gelang es darauf mit einer königlichen Verfassung, der «Goldenen Bulle», die Wahl der Könige und des Kaisers durch sieben Kurfürsten, die alle aus deutschen Königshäusern stammten, neu zu ordnen und damit den Konflikt weitgehend zu befrieden. Der Papst wurde von der Wahl ausgeschlossen. Danach sprach man vom «Heiligen römischen Reiches Deutscher Nation».

Porträt von de:Rudolf Brun (* ca. 1290–1300; † 17. September 1360 in Zürich), erster Bürgermeister von Zürich.

In diesem Reich kämpften verschiedene Häuser um die Vorherrschaft, wobei sich die Habsburger nebst den Wittelsbachern und Luxemburgern als stärkste Macht etablieren sollte. Die noch junge Eidgenossenschaft der vier Waldstätten Uri, Schwyz, Unterwalden und Luzern, die sich direkt dem Kaiser unterstellt sah, wehrte sich in der Schlacht bei Morgarten 1315 erfolgreich gegen die expandierenden Habsburger.  

Der Zürcher Junker Rudolf Brun kam 1336 mit Hilfe der Zünfte an die Macht der Stadt Zürich, verbannte 22 Ratsherren und liess sich zum Bürgermeister auf Lebenszeit wählen. Mit seiner «Brunschen Zunftverfassung» nahm er die Zoifter in den Rat mit auf. Er galt dabei als geschickter und äusserst autokratischer Führer, der zum Machterhalt vor Repressalien nicht zurückschreckte. Den Habsburgern versuchte Brun mit Diplomatie zu begegnen. Etliche von Brun verbannte Zürcher Ratsherren sammelten sich um den Grafen Johann II von Habsburg-Laufenburg in Rapperswil zur Gegenregierung des «äusseren Zürich». Unter Führung des Grafen wollten die «Äusseren» die Stadt Zürich wieder unter ihre Herrschaft bringen. Unterstützung bekamen sie auch von der Grafschaft von Toggenburg, die mit Zürich wegen der Handelsroute an der Linth zwischen Zürich- und Walensee im Zwist lag, die Brun in der «Schlacht bei Grynau» (1337) für sich gewann. 

Das Kampfgeschehen in der Chronik des Johannes Stumpf von 1548

In der Nacht vom 23. auf den 24. Februar 1350 schlugen die «äusseren Zürcher» zu. Es kam zur «Mordnacht von Zürich», die Brun, der zuvor gewarnt wurde, für sich entscheiden sollte. 15 «Äussere» fielen und 35 wurden gefangen genommen, von denen Brun 18 rädern und die Restlichen köpfen liess. Bereits einen Tag später,  am 24. Februar, zog Brun mit einem Heer gegen Rapperswil und zerstörte die Stadt. Der Graf von Habsburg-Laufenburg wurde zwei Jahre im Kerker «Wellenberg» in der Limmat gefangen gehalten, worin er das Minnelied «Blümli blawe» gedichtet haben soll, das Goethe in der Ballade «Das Blümlein Wunderschön: Lied des gefangenen Grafen» verewigt hat. 

Zerstörung von Rapperswil im Jahre 1350 (Wandgemälde ca.1896)

Mit der Zerstörung der Stadt Rapperswil brachte Brun die Habsburger gegen sich auf und ein Jahr nach der Mordnacht, am 1. Mai 1351, schloss sich die Stadt Zürich als fünfter Ort der Eidgenossenschaft der Waldstätten an, der Vorläuferin der heutigen Schweiz.